Katheterbehandlung beim Schlaganfall:
Für welche Patienten? Wie funktioniert es? Wer macht es?

Für welche Patienten?

Für eine invasive Katheterbehandlung („Thrombektomie“) beim Schlaganfall kommen nur die Patienten in Frage, die einen Verschluss in den Hirnbasisarterien aufweisen. Ohne eine erfolgreiche Wiedereröffnung des Gefäßverschlusses haben diese Patienten eine sehr schlechte Prognose mit dem hohen Risiko einer dauerhaften schwerwiegenden Behinderung oder eines tödlichen Verlaufes. Um diese Risikopatienten rechtzeitig zu identifizieren ist eine schnelle bildgebende Diagnostik mittels Computertomographie (CCT) oder Kernspintomographie (MRT) erforderlich. In der Bundesrepublik sind heutzutage alle Schlaganfallkliniken mit modernen CCT- oder MRT-Geräten ausgestattet, die in der Lage sind, die erforderliche Diagnostik unverzüglich durchzuführen. Wenn eine Hirnbasisarterie verschlossen ist und noch kein großer Infarkt vorliegt, sind die Voraussetzungen für eine Thrombektomie gegeben. Liegt der Gefäßverschluss in der Peripherie der Hirnarterien, ist die Prognose wesentlich günstiger. Bei diesen Patienten ist in der Regel eine herkömmliche Behandlung mit der intravenösen Thrombolyse eine sehr wirksame Therapie. Wenn bereits ausgedehnte Infarkte erkennbar sind, kann die Thrombektomie den Patienten nicht mehr helfen

Wie funktioniert es?

Über eine Punktion der Leistenarterie wird ein Einführungskatheter bis in die Halsschlagader vorgeführt. Über diesen Einführungskatheter kann ein sehr kleiner Katheter (Mikrokatheter; Durchmesser 0,8 mm) bis zum Blutgerinnsel in der Hirnarterie vorgeschoben werden. Anschließend wird ein Stent vorgebracht, der sich selbständig entfaltet und somit in das Blutgerinnsel eindringen kann. Nach wenigen Minuten wird der Stent mit dem Blutgerinnsel vorsichtig zurückgezogen. Um das Loslösen kleiner Anteile des Blutgerinnsels zu vermeiden, wird zugleich ein Unterdruck in dem Einführungskatheter ausgeübt. Bei über 80 % der Patienten gelingt in geübten Händen eine erfolgreiche Wiedereröffnung des Blutgefäßes (Rekanalisation), die entscheidende Voraussetzung für eine Besserung des Patienten. Die Prozedur von der Punktion der Leistenarterie bis zum Wiedereröffnen des Gefäßes dauert ca. 40 Minuten. Abhängig vom Schweregrad der klinischen Beeinträchtigung wird die Prozedur entweder in Vollnarkose oder mit lokaler Anästhesie unter der Aufsicht eines Anästhesisten durchgeführt.

Intrakranielle Thrombektomie bei Verschluß der linken Art. cerebri media, Digitale Subtraktionsangiographie (DSA)

Stentretriever (nicht sichtbar) liegt im Thrombus, der die Art. cerebri media verschließt
Der Stentretriever (nicht sichtbar) liegt im Thrombus, der die Art. cerebri media verschließt. Der Absaugkatheter liegt in der Carotisspitze.
Nach Zurückziehen des Stentretrievers und Aspiration über den Absaugkatheter vollständige Rekanalisation
Nach Zurückziehen des Stentretrievers und Aspiration über den Absaugkatheter vollständige Rekanalisation.
Stentretriever mit Thrombus
Stentretriever mit Thrombus

Wer macht es?

Die Neuroradiologie ist spezialisiert in bildgebender Diagnostik und interventioneller Therapie von Erkrankungen des Gehirns und des Rückenmarks. Interventionelle oder endovaskuläre Verfahren wie die Thrombektomie kommen bei einer Vielzahl neurovaskulärer Erkrankungen z. B. bei Hirnarterienaneurysmen zum Einsatz. Ähnlich wie bei neurochirurgischen Operationen handelt es sich um filigrane Techniken. Neurovaskuläre Interventionen sollten daher von interventionellen Neuroradiologen durchgeführt werden, die über eine ausreichende Expertise verfügen. Die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) hat ein Zertifizierungssystem entwickelt, dass die Qualität der Behandlungszentren überprüft und zertifiziert. Die Thrombektomie wird in Deutschland seit 2009 durchgeführt. Von 2012-2014 wurden bereits jährlich mehr als 3000 Patienten in über 60 Kliniken bundesweit thrombektomiert. Nach Abschluss der Studien im Frühjahr 2015 wird ein Anstieg der Behandlungszahlen erwartet. Die DGNR und die DSG bemühen sich derzeit um die Optimierung der Versorgungsstrukturen.

Weitere Informationen:

Management & Krankenhaus 4/2016
© WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, GIT VERLAG, Weinheim

Schlaganfallversorgung - Nur im Netzwerk mit hoch spezialisierten Kliniken: die mechanische Thrombektomie bei schweren Schlaganfällen

Prof. Dr. med. Joachim Röther, Prof. Dr. med. Peter Ringleb

PDF-Datei

Medtropole | Ausgabe 38 | Oktober 2015

Endovaskuläre Therapie beim akuten Schlaganfall

Prof. Dr. Bernd Eckert, J.P. Alt, A. Ritter, F. Kämmerer

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© Neurovaskuläres Netzwerk Nordelbe